Die Diskussion um den Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Energieversorgung gewinnt an Dynamik. Am 19. September 2025 hat der Bundesrat den Bericht «Künstliche Intelligenz und Versorgungssicherheit» veröffentlicht. Er geht auf das Postulat 23.3957 der UREK-N zurück und untersucht, welche Chancen, Risiken und rechtlichen Rahmenbedingungen sich für den Energiesektor in der Schweiz ergeben.
Chancen für die Energieversorgung
KI bietet Energieunternehmen zahlreiche Möglichkeiten. Besonders deutlich wird dies bei Prognosen für erneuerbare Energien und Netzlasten, die mit KI genauer werden. Dies stärkt die Versorgungssicherheit und erleichtert die Integration erneuerbarer Energien.
Ein weiteres Einsatzfeld ist die prädiktive Instandhaltung (Predictive Maintenance): Anlagenstörungen lassen sich frühzeitig erkennen und Ausfälle vermeiden. Auch im Energiehandel ermöglicht KI eine präzisere Marktanalyse, während im Vertrieb neue digitale Dienstleistungen für Kundinnen und Kunden entstehen.
Damit zeigt sich: Künstliche Intelligenz kann die Resilienz des Energiesystems erhöhen, Kosten senken und Innovationen ermöglichen.
Risiken für die Versorgungssicherheit
Mit den Chancen wachsen auch die Risiken. Der Bericht betont, dass die mangelnde Erfahrung vieler Unternehmen die Gefahren noch verstärkt. KI-Systeme verarbeiten grosse Mengen sensibler Daten und sind damit ein attraktives Ziel für Cyberangriffe. Besonders problematisch sind sogenannte Adversarial Attacks – Manipulationen, die falsche Ergebnisse provozieren.
Weitere Risiken entstehen durch mangelhafte Datenqualität, die zu fehlerhaften Prognosen führt, oder durch die Abhängigkeit von internationalen Technologieanbietern, die die digitale Souveränität einschränken. Zudem ist der Energieverbrauch grosser KI-Modelle ein Thema, das bei Versorgungssicherheit und Nachhaltigkeit berücksichtigt werden muss.
Ergebnisse der Branchenumfrage
Für den Bericht wurden 110 Energieunternehmen in der Schweiz befragt: 25 % setzen KI bereits ein, vor allem grosse Unternehmen. 36 % planen den Einsatz in den nächsten Jahren. Der erwartete Anstieg von KI-Anwendungen liegt beim Faktor 4–8 – insbesondere in Erzeugung und Verteilung.
Die Unternehmen sehen Chancen in Effizienzsteigerungen und Netzstabilität, nennen aber auch rechtliche Risiken, Sicherheitsfragen und Abhängigkeit von Technologieanbietern. Als Hindernisse gelten fehlende Daten, unzureichende Strategien und mangelnde Expertise. Besonders kleine EVU wünschen sich deshalb klare Leitlinien und Branchendialog.
Rechtlicher Rahmen
International sind zwei Entwicklungen prägend: Der EU AI Act, seit August 2024 in Kraft, reguliert KI nach einem risikobasierten Ansatz. Systeme im Energiesektor gelten als Hochrisiko-Anwendungen.
Daneben hat der Europarat im Mai 2024 die Konvention über KI und Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit verabschiedet. Die Schweiz hat 2025 beschlossen, diese zu ratifizieren und bis Ende 2026 eine Vernehmlassungsvorlage vorzulegen. Geplant sind Anpassungen insbesondere in den Bereichen Transparenz, Datenschutz, Nichtdiskriminierung und Aufsicht.
In der Schweiz gibt es bisher keine spezifischen Vorgaben für den Einsatz von KI im Energiesektor. Die ElCom führt derzeit kein Monitoring der Nutzung.
Massnahmen: Subsidiarität vor Regulierung
Der Bundesrat empfiehlt, zunächst subsidiäre Mittel auszuschöpfen: Entwicklung einer KI-Gouvernanz auf Unternehmensebene, Erstellung von Best Practices und Branchenrichtlinien, Sicherstellung von Erklärbarkeit und menschlicher Aufsicht, Schulung von Mitarbeitenden sowie klare Exit-Strategien mit Technologieanbietern.
Diese Massnahmen sollen in vier Handlungsfeldern umgesetzt werden: Transparenz, Governance, Innovationsförderung und internationale Regulierung. Erst wenn die Selbstregulierung der Branche nicht ausreicht, soll eine staatliche Regulierung erfolgen.
Fazit
Der Bericht macht deutlich: Künstliche Intelligenz ist ein entscheidender Faktor für die Versorgungssicherheit in der Schweiz. Die Chancen sind gross – aber nur, wenn Unternehmen Risiken aktiv steuern. Der Bundesrat setzt auf Selbstregulierung vor Regulierung.
Für Energieunternehmen bedeutet das: Wer jetzt in KI-Governance, Monitoring und Know-how investiert, stärkt die Versorgungssicherheit und verschafft sich einen Wettbewerbsvorteil.
Zur Medienmitteilung und des Berichts des Bundesrates hier.
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