Einleitung: KI trifft auf Patentrecht
Die Diskussion um künstliche Intelligenz (KI) im Patentrecht ist nicht neu, aber mit einem aktuellen Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts (BVGer) hat sie in der Schweiz eine neue Klarheit erhalten. Ausgangspunkt war eine beim Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum (IGE) eingereichte Patentanmeldung, in der ein KI-System – DABUS – als Erfinder genannt wurde. Das IGE wies die Anmeldung zurück, weil nach geltendem Recht nur natürliche Personen als Erfinder in Betracht kommen. Der Fall gelangte vor das BVGer, das die Rechtslage nun ausführlich geprüft und bestätigt hat: KI kann kein Erfinder im Sinne des Patentrechts sein.
Diese Entscheidung wirft spannende Fragen auf: Welche Rolle spielt KI bei der Erfindungstätigkeit? Welche Risiken bestehen für Unternehmen? Und welche Handlungsspielräume ergeben sich im internationalen Kontext?
Erfindernennung im Schweizer Patentrecht
Das Schweizer Patentrecht knüpft den Erfinderbegriff klar an die natürliche Person. Bereits Art. 5 Abs. 1 PatG verlangt, dass der Patentbewerber den Erfinder schriftlich nennen muss. Art. 34 Abs. 1 PatV präzisiert, dass dies mit Namen, Vornamen und Wohnsitz zu geschehen hat.
Das BVGer bestätigte in seinem Urteil (B-2532/2024 vom 26. Juni 2025), dass eine Patentanmeldung ohne Erfindernennung nicht möglich ist und ein KI-System nicht als Erfinder eingetragen werden kann. Damit folgt die Schweiz der Linie anderer Jurisdiktionen wie der EU und den USA, die vergleichbare Anträge ebenfalls abgelehnt haben (vgl. EU AI Act).
Chancen und Risiken für Unternehmen
Die Entscheidung zeigt klar: Unternehmen, die KI in der Forschung einsetzen, müssen Erfindungen weiterhin menschlichen Personen zuordnen. Das eröffnet Chancen, aber auch rechtliche Risiken:
- Chancen:
KI kann als Werkzeug die Innovationskraft steigern, indem sie Muster erkennt, Lösungen generiert oder Prozesse beschleunigt. In der Praxis können Forscherinnen und Forscher durch den Einsatz von KI als „Miterfinder“ in Betracht kommen, sofern sie die KI trainieren, Daten bereitstellen und die Ergebnisse als schutzfähig erkennen. - Risiken:
Werden Erfindungen fälschlicherweise allein einer KI zugeschrieben, droht die Zurückweisung der Patentanmeldung. Zudem können Unsicherheiten in der internationalen Patentstrategie entstehen, wenn einzelne Länder strengere Anforderungen an die Erfindernennung stellen.
Praxisbeispiel: Das Verfahren um DABUS
Im vorliegenden Fall hatte der Gesuchsteller geltend gemacht, die Erfindung sei „autonom durch eine künstliche Intelligenz generiert“ worden. Das IGE wies dies zurück und verlangte die Nennung einer natürlichen Person.
Das BVGer stellte fest, dass der Gesuchsteller beim Datenbereitstellen, Trainieren der KI sowie bei der Übergabe der Ergebnisse an seine Patentanwälte aktiv beteiligt war. Er habe die Lösungen nicht nur entgegengenommen, sondern auch als patentierbare Erfindung erkannt. Damit sei er ausreichend involviert gewesen, um als (Mit-)Erfinder qualifiziert zu werden. Die Beschwerde wurde daher im Subeventualantrag gutgeheissen.
Dieses Beispiel zeigt: Wer KI einsetzt, muss seine eigene Rolle im Innovationsprozess dokumentieren, um später als Erfinder anerkannt zu werden.
Internationale Perspektive und rechtlicher Rahmen
Die Frage, ob KI als Erfinder gelten kann, beschäftigt auch internationale Institutionen. Der Europarat verweist in seiner KI-Konvention
auf die Notwendigkeit, klare Verantwortlichkeiten beizubehalten. Der EU AI Act verfolgt dasselbe Ziel: Transparenz, menschliche Kontrolle und rechtliche Zurechenbarkeit.
Für die Schweiz bedeutet dies: Auch wenn KI-Systeme zunehmend selbstständig Lösungen generieren, bleibt die rechtliche Verantwortung beim Menschen. Unternehmen sollten ihre Innovationsprozesse daher so ausgestalten, dass menschliche Beiträge jederzeit dokumentiert und nachweisbar sind.
Fazit: Handlungsempfehlungen für die Praxis
Das BVGer hat unmissverständlich klargestellt: KI kann kein Erfinder sein – nur Menschen können Erfinderrechte beanspruchen. Für die Praxis bedeutet das:
- Dokumentation: Unternehmen sollten Beiträge im Umgang mit KI genau dokumentieren, um die Erfindernennung abzusichern.
- Strategie: Bei internationalen Patentanmeldungen ist eine einheitliche Argumentation erforderlich, um Zurückweisungen zu vermeiden.
- Risikomanagement: Wer KI in der Forschung einsetzt, muss klare Zuständigkeiten für die Erfindernennung definieren.
Der Ausblick: Es ist denkbar, dass Gesetzgeber langfristig neue Kategorien für KI-gestützte Innovationen schaffen. Bis dahin gilt: Der Mensch bleibt der rechtliche Erfinder.
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