Am 1. Januar 2024 trat das neue Informationssicherheitsgesetz (ISG) in Kraft, welches die wichtigsten gesetzlichen Grundlagen zur Sicherheit von Informationen und IT-Mitteln des Bundes in einem Gesetz zusammenfasst. Ein zentrales Element dieses Gesetzes ist die Meldepflicht für Cyberangriffe auf kritische Infrastrukturen, die am 1. April 2025 in Kraft tritt. Betreiber kritischer Infrastrukturen sind ab diesem Zeitpunkt verpflichtet, das Bundesamt für Cybersicherheit (BACS) innerhalb von 24 Stunden nach Entdeckung eines Cyberangriffs zu informieren. Diese Regelung soll die Sicherheit und Widerstandsfähigkeit essenzieller Einrichtungen erhöhen.
Wer ist betroffen?
Die Meldepflicht gilt für eine Vielzahl von Organisationen, insbesondere für kritische Infrastrukturen in der Schweiz. Dazu gehören unter anderem:
- Öffentliche Stellen (Bund, Kantone, Gemeinden)
- Bildungseinrichtungen (Hochschulen, Universitäten)
- Finanzsektor (Banken, Versicherungen)
- Gesundheitswesen (Spitäler, pharmazeutische Unternehmen)
- IT-Dienstleister (Cloud-Anbieter, Netzbetreiber)
- Energieversorgung (Strom- und Gasnetzbetreiber, Elektrizitätswerke)
- Transport und Logistik (ÖV-Betreiber, Flughäfen, Bahnen)
Schwellwerte
In der CSV werden für verschiedene Sektoren wie die Energieversorgung und das Transportwesen spezifische Schwellenwerte für die Meldepflicht festgelegt. Behörden oder Organisationen, die diese Schwellenwerte unterschreiten, sind nicht meldepflichtig.
Von der Meldepflicht befreit sind demnach Netzbetreiber, Elektrizitätserzeuger, Elektrizitätsspeicherbetreiber oder Dienstleister im Elektrizitätsbereich, die weder das Schutzniveau A noch B einhalten müssen. Die Höhe des Schutzniveaus ist abhängig von der Grösse respektive dem Einfluss des Akteurs auf die Versorgungssicherheit und wird durch entsprechende Schwellenwerte bestimmt. Entsprechend sollen nur die Elektrizitätsunternehmen der beiden höchsten Schutzniveaus A und B der Meldepflicht un
terstellt werden.
Die Schwellenwerte orientieren sich an der Stromversorgungsverordnung (StromVV) zum Schutz vor Cyberbedrohungen, welche am 1. Juli 2024 in Kraft getreten ist und vorsieht, dass bestimmte Akteure der Elektrizitätsbranche bei der Umsetzung des Minimalstandards ein bestimmtes Schutzniveau erreichen müssen:
- Schutzniveau A: Für Netzbetreiber, die mindestens 450 GWh/Jahr transportieren;
- Schutzniveau B: Für Netzbetreiber und Dienstleister die mindestens 112 GWh/Jahr transportieren und die Erzeuger, mit Ausnahme der Kernkraftwerksbetreiber, und die Speicherbetreiber, sofern sie Anlagen mit einer Leistung von insgesamt mindestens 100 MW betreiben und diese über ein einziges System steuern können.
Dienstleister der Netzbetreiber, Elektrizitätserzeuger und Speicherbetreiber sind ebenfalls von der Ausnahmeregelung erfasst. Hersteller von Hard- oder Software sind von der Ausnahme ausgenommen. Kleinere Akteure, welche die weniger hohen Anforderungen des Schutzniveaus C erfüllen müssen, werden von der Meldepflicht ausgenommen.
Die verschiedenen Schutzniveaus zur Erfüllung des IKT-Minimalstandards sind in der StromVV unter Anhang 1a zu finden.
Ausgenommen von der Meldepflicht sind ebenfalls die Betreiber von Gasleitungen, die im Durchschnitt der letzten fünf Jahre weniger als 400 GWh/Jahr transportierten.
Zu meldende Cyberangriffe
Ein Cyberangriff muss gemeldet werden, wenn er:
- die Funktionsfähigkeit der betroffenen kritischen Infrastruktur gefährdet;
- zu einer Manipulation oder einem Abfluss von Informationen geführt hat;
- über einen längeren Zeitraum unentdeckt blieb, besonders wenn er zur Vorbereitung weiterer Cyberangriffe diente;
- mit Erpressung, Drohung oder Nötigung verbunden ist.
Die Kriterien zur Bestimmung der meldepflichtigen Angriffe wurden so gewählt, dass sie für die Behörden und Organisationen möglichst direkt erkennbar sind.
> Die Funktionsfähigkeit einer kritischen Infrastruktur gilt als gefährdet, wenn:
- Mitarbeitende oder Dritte von Systemunterbrüchen betroffen sind; oder
- die betroffene Organisation oder Behörde ihre Tätigkeiten nur noch mit Hilfe von Notfallplänen aufrechterhalten kann.
> Eine Manipulation oder ein Abfluss von Informationen liegen vor, wenn:
- geschäftsrelevante Informationen von Unbefugten verändert oder offengelegt werden; oder
- eine Verletzung der Datensicherheit nach Artikel 24 des Datenschutzgesetzes vom 25. September 2020 vorliegt.
> Ein Cyberangriff gilt als über einen längeren Zeitraum unentdeckt, wenn der Vorfall mehr als 90 Tage zurückliegt.
> Ein Cyberangriff gilt als mit Erpressung, Drohung oder Nötigung verbunden, wenn sich diese Handlungen gegen die meldepflichtige Behörde oder Organisation oder gegen deren Verantwortliche oder Mitarbeitende, einschliesslich ehemaliger Verantwortlicher oder Mitarbeitender, oder gegen für die meldepflichtige Behörde oder Organisation tätige Personen richten.
Frist zur Erfassung der Meldung
Ein Cyberangriff muss nach dessen Entdeckung innerhalb von 24 Stunden dem BACS gemeldet werden. Eine weitere Frist von 14 Tagen besteht, um die Meldung zu vervollständigen. Beide Fristen sind nicht verlängerbar.
Meldeprozess und Sanktionen
Die Meldung erfolgt über ein sicheres elektronisches System des BACS. Wird diese Frist nicht eingehalten, erlässt das BACS einen Entscheid mit einer erneuten Frist und droht Sanktionen an. Wer vorsätzlich eine rechtskräftige Anordnung des BACS oder eines Rechtsmittelorgans ignoriert, kann mit einer Geldstrafe von bis zu 100.000 CHF belegt werden.
IKT-Minimalstandards als Schutzmassnahme
Neben der Meldepflicht wird allen Betreibern kritischer Infrastrukturen empfohlen, ihre IT-Sicherheitsmaßnahmen an den IKT-Minimalstandards auszurichten. Diese Standards dienen als Leitfaden zur Verbesserung der Cybersicherheit und sind bereits für bestimmte Sektoren verpflichtend:
- Seit 1. Juli 2024 für die Strombranche
- Ab 1. Juli 2025 für Gasversorger
Diese Sicherheitsstandards bieten auch Unternehmen außerhalb der Pflichtbereiche eine wertvolle Grundlage zur Erhöhung ihrer IT-Resilienz. Das Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung (BWL) hat hierfür branchenspezifische Leitlinien entwickelt (weitere Informationen).
Durch die Einführung des ISG und der damit verbundenen Meldepflicht soll die Schweiz ihre Cybersicherheitsstrategie weiter stärken und kritische Infrastrukturen besser vor Angriffen schützen.
Fazit
Die Revision des Informationssicherheitsgesetzes (ISG) und die Einführung der Cybersicherheitsverordnung (CSV) stellen einen bedeutenden Schritt zur Stärkung der Cybersicherheit in der Schweiz dar. Durch die Meldepflicht für Cyberangriffe und die klaren Regelungen zur Informationsweitergabe sollen kritische Infrastrukturen besser geschützt und potenzielle Bedrohungen frühzeitig erkannt werden.
Die neue Gesetzgebung schafft zudem klare Vorgaben und Ausnahmen, die den unterschiedlichen Bedürfnissen und Risiken der betroffenen Sektoren Rechnung tragen. Insgesamt wird damit die Resilienz der Schweizer Wirtschaft und die Sicherheit der Bevölkerung nachhaltig gestärkt.
Aktuell sollten deshalb die internen Meldeprozesse geprüft und gegebenenfalls angepasst werden sowie die Mitarbeitenden dahingehend geschult werden.
Materialien
Weitere Informationen finden Sie unter den folgenden Links:
Medienmitteilung des Bundesrates und weitere Hinweise
Meldepflicht für Cyberangriffe auf kritische Infrastrukturen gilt ab 1. April
Meldeformular BACS: BACS Report
Revision des ISG: BBl 2023 2296 – Bundesgesetz über die Informatio… | Fedlex (admin.ch)
Informationen zum IKT Minimalstandard: IKT-Minimalstandards
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