Smart Meter datenschutzkonform: Bundesverwaltungsgericht weist Beschwerde ab
In der Diskussion um die datenschutzrechtliche Zulässigkeit intelligenter Strommesssysteme (Smart Meter) hat das Bundesverwaltungsgericht (A-484/2024) nun etwas Klarheit geschaffen: Smart Meter sind datenschutzkonform.
Mit Entscheid vom 20. Juni 2025 wies das Gericht die Beschwerde eines Bürgers aus Rorschacherberg SG, der sich gegen die Installation eines Smart Meters gewehrt hatte, ab. Seine Argumentation: Die Geräte würden ein unzulässiges Profiling im Sinne des Datenschutzgesetzes durchführen. Das Gericht sah das anders – und begründete dies ausführlich.
Damit bestätigt das Urteil indirekt auch die gesetzgeberische Weichenstellung der letzten Jahre, in der die flächendeckende Einführung intelligenter Messsysteme als Bestandteil des ersten Massnahmenpakets der Energiestrategie 2025 vorangetrieben wurde, um zusammen mit weiteren Anpassungen den Strommarkt zukunftsfähig gestalten zu können. Datenschutzrechtliche Bedenken werden ernst genommen, aber unter dem Primat der Versorgungssicherheit und Energieeffizienz eingeordnet.
Kein Profiling bei der Erfassung von Daten durch Smart Meter
Gemäss Bundesverwaltungsgericht stellt die Datenbearbeitung durch Smart Meter kein Profiling gemäss Art. 5 lit. f DSG dar. Zwar findet eine automatische Erhebung von Daten statt – konkret wird alle 15 Minuten der durchschnittliche Stromverbrauch aufgezeichnet –, dabei handelt es sich allerdings lediglich um automatisierte Datensammlung von Personendaten vor, ohne dass diese ausgewertet werden.
«Die mit dem intelligenten Messsystem erfassten Daten des Stromverbrauchs lassen zwar Rückschlüsse auf die zeitliche Verteilung des Leistungsbezugs der Bewohnenden der Liegenschaft insgesamt zu. Das System verwendet jedoch keine Personendaten für den Zweck, eine (automatisierte) Bewertung von persönlichen Merkmalen der betroffenen Personen vorzunehmen … Vielmehr dienen die Messdaten der Abrechnung, dem Netzbetrieb und der -planung sowie dem vorgeschriebenen Datenaustausch der Beteiligten der Stromversorgung (E. 6.6 i.V. m. E. 6.3)».
Auch werden mit dem betroffenen Messsystem keine besonders schützenswerten Personendaten erhoben. Der Stromverbrauch wird in 15-Minuten-Intervallen als Durchschnittswert über sämtliche angeschlossenen Geräte hinweg erfasst. Da nur ein einzelner Zähler den Gesamtverbrauch misst und keine gerätespezifische Erhebung erfolgt, liessen sich aus den Daten keine Rückschlüsse auf den Einsatz bestimmter Geräte – etwa medizinischer Art – oder auf die Nutzung durch konkrete Personen ziehen. Damit entstehen gemäss Gericht keine sensiblen Aussagen über Gesundheitszustand oder persönliche Lebensverhältnisse.
Gesetzliche Grundlage, Verhältnismässigkeit und öffentliches Interesse
Trotz des leichten Eingriffs in die Privatsphäre – denn bei den Lastgangdaten handelt es sich um Personendaten – sei der Einsatz der Smart Meters verhältnismässig und zweckgebunden, so das Gericht. Die gesetzliche Grundlage sei vorhanden, die Speicherung (1 Jahr im zentralen System der Gemeinde, 5 Jahre im Kundenportal) sei klar geregelt und der Zweck – die Verbesserung des Netzbetriebs und des Einsparungspotentials sowie der Abrechnung liege im öffentlichen Interesse.
«Indem die Lastgangmessungen kontinuierlich jede Viertelstunde erfolgen, bieten sie Netzbetreibern eine zeitgenaue Grundlage zur Analyse des Energieverbrauchs und ermöglichen Endverbrauchern eine transparente Darstellung des individuellen Strombezugs. Netzbetreiber und Endverbraucher erhalten durch die häufige Erfassung der Daten ein detailliertes und umfassendes Bild des zeitlichen Verbrauchverlaufs. Dadurch sind auch genauere Prognosen für den künftigen Strombedarf möglich. Es liegt mit Blick auf die Effizienz und Stabilität des Netzbetriebs und die Koordination der Netznutzung (vgl. Art. 8 Abs. 1 Bst. a und b StromVG) im öffentlichen Interesse, Zeitpunkt und Menge des Energiebezugs mit zielführender Genauigkeit zu kennen. Unter anderem sollen exaktere Prognosen dazu dienen, die Kosten der Bilanzgruppen bzw. Netzbetreiber für Ausgleichsenergie zu reduzieren (E.6.8.2) (vgl. Art. 4 Abs. 1 Bst. eter und Art. 15c Abs. 1 StromVG).»
Insbesondere sei auch keine Verletzung des Prinzips der Datenvermeidung und Datensparsamkeit zu erkennen, weil nicht ersichtlich oder dargetan ist, wie die im öffentlichen Interesse liegenden Ziele mit weniger häufig erfassten oder kürzer gespeicherten Daten erreicht werden könnten.
Fazit
Die Argumentation des Bundesverwaltungsgerichts, bringt nun Rechtssicherheit – Smart Meter sind datenschutzkonform. Zumindest für die aktuell praktizierte Nutzung der Smart Meter.
Es zeigt aber auch gleichzeitig: Smart Meter bleiben ein datenschutzrechtlich sensibles Thema. (Hier geht es zu unseren E-Learnings zum Smart Metering und Datenschutz. )
Der Begriff des Profilings darf nicht vorschnell bemüht werden – aber ebenso wenig dürfen Automatisierung und Digitalisierung als unproblematisch abgetan werden.
Für Verantwortliche gilt weiterhin: Transparenz, Zweckbindung und Verhältnismässigkeit sind keine juristische Kür, sondern Pflicht.
Trotz dieser Klärung bleiben gewisse Fragen bestehen:
- Was geschieht, wenn in Zukunft detailliertere Verbrauchsanalysen mit diesen Daten durchgeführt werden (z.B. im Rahmen dynamischer Tarife)? Ob die Datenerhebung mit Smart Metern Profiling darstellt, muss unter anderem aufgrund der technischen Entwicklungen und Möglichkeiten der Geräte im Einzelfall beurteilt werden ((Mehr oder weniger) Intelligente Messsysteme und Anforderungen an die Datenbearbeitung).
- Wie ist mit der Kopplung von Smart Metern und anderen IoT-Systemen im Haushalt datenschutzrechtlich umzugehen?
Diese Fragen dürften in künftigen Verfahren weiter an Relevanz gewinnen – insbesondere mit Blick auf Art. 6 DSG (Grundsätze der Bearbeitung).
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